Studienmodell: Elektrische Energietechnik und Energiewirtschaft

Elektrische Energietechnik und Energiewirtschaft sind in Energieversorgungsunternehmen eng gekoppelte Bereiche. Auf der einen Seite steht die Technik - auf der anderen die Wirtschaft mit all ihren Facetten. Dazu gehört insbesondere der Stromhandel als zentrales Element. Energie wird heute an vielen Stellen gehandelt, der Energiehandel kennt seine eigenen Gesetzmäßigkeiten, die bei Fragen der Energiebereitstellung und der Netzstabilität wieder die technische Seite der Energieversorgung berühren. Der Netzbetrieb wird heute von der Bundesnetzagentur (BNetzA) reglementiert und kontrolliert. Diese Mechanismen gilt es zu verstehen, wenn man auf technischer Seite nachhaltige Lösungen bereitstellen will, sei es auf Seiten der Hersteller von Anlagen und Komponenten oder bei einem Energieversorgungsunternehmen.

In Zukunft werden in der elektrischen Energietechnik zunehmend Ingenieure benötigt, die sowohl die wirtschaftliche Seite der Energieversorgung als auch die technische Seite verstehen. Der rein technisch orientierte Ingenieur wird sich eher ein Berufsumfeld mit rein technischen Aufgabenstellungen suchen. Dem Wirtschaftsingenieur fehlt oft der tiefe Einblick in die Technik. Mit dem Studienmodell 23 sollen Ingenieure ausgebildet werden, die die Lücke zwischen beiden schließen und sich sowohl im technischen als auch im wirtschaftlichen Bereich der Energieversorgung heimisch fühlen.

Ein typisches Aufgabenfeld solcher Ingenieure ist der Netzbetrieb (Leistungsflussmanagement) in Schaltzentralen der Energieversorger. Man benötigt hierzu den technischen Hintergrund, um Eigenschaften und vor allem die Grenzen des Netzes und seiner Komponente zu kennen, aber der Netzbetrieb wird wesentlich durch die Gesetze des Stromhandels geprägt, an denen sich das Handeln der Ingenieure in diesem Bereich primär orientieren muss. Ein weiteres wichtiges Aufgabenfeld ist das strategische Management z. B. bei Energieversorgungsunternehmen. Auf der einen Seite ist die Energiewirtschaft auch stark politisch und gesellschaftlich beeinflusst, auf der anderen Seite sind seitens der Physik und der Technik Randbedingungen gegeben. In diesem Spannungsfeld zu arbeiten ist sicher eine Herausforderung und erfordert Kenntnisse der wirtschaftlichen Seite, ein gewisses Politikverständnis und einen soliden technischen Hintergrund. Ein drittes Aufgabenfeld liegt im Asset-Management, also dem Management der Energieversorgungs- und/oder Erzeugungsanlagen. Hierzu bedarf es dem Verständnis des Marktes (Stromhandel, Netznutzungsregeln, regulatorische Anforderungen, Finanzierungsmodelle) einerseits und der technischen Möglichkeiten der Diagnostik und mehrstufiger Maintenance-Strategien andererseits. In den genannten Fällen benötigt man Ingenieure mit einem guten Grundlagenwissen im Bereich der Energiewirtschaft.

Mit den festen Modellfächern des Studienmodells 23 wird zunächst eine solide ingenieurmäßige Wissensbasis geschaffen, dazu dienen die Vorlesungen: „Batterien und Brennstoffzellen“, „Optimierung dynamischer Systeme“, „Leistungselektronik“ und „Numerische Methoden“. Die Spezialisierung im Bereich der elektrischen Energienetze erfolgt durch die Vorlesungen „Berechnung elektrischer Energienetze“ und „Energieübertragung und Netzregelung“. Elektroenergiesysteme kommen nicht mehr ohne Leistungselektronik und Stromrichter aus, daher rundet die Vorlesung „Hochleistungsstromrichter“ den elektroenergietechnischen Bereich ab. Aus dem Bereich der Wirtschaftswissenschaften wurden die Veranstaltungen „Einführung in die Energiewirtschaft“, „Energiesystemanalyse“ und „Erneuerbare Energien - Technologien und Potenziale“ ausgewählt, da sie im Bereich der Energiewirtschaft die Grundlagen darstellen. Ergänzt wird dieser Fächerkanon durch das Energietechnische Praktikum, welchen gemeinsam vom IEH und dem ETI veranstaltet wird. Hinsichtlich der wählbaren Modellfächern bietet sich die Möglichkeit, sich in eine der beiden Richtungen - Elektrotechnik oder Energiewirtschaft - weiter zu vertiefen. Es besteht aber auch die Möglichkeit Vorlesungen zu angrenzenden Fachgebieten zu hören, sei es aus der Informationstechnik, der Regelungstechnik oder aber anderen Gebieten aus den Wirtschaftswissenschaften.

 

Forschung am IEH

Das IEH widmet sich in der Forschung den zur Übertragung und Verteilung elektrischer Energie notwendigen Anlagen, Systemen und Komponenten. Die Forschungsarbeiten lassen sich grob in die Bereiche „Transportnetz“, „Verteilnetz“ und „Komponenten“ aufteilen. Im Bereich Transportnetz“ geht es um die Betriebsführung des HVAC-Netzes und von HVDC-Übertragungssystemen sowie um das Design und die Betriebsführung eines dem Drehstromnetz überlagerten Hochspannungsgleichstromnetzes (HVDC-Netz). Hier sollen neue Ansätze untersucht werden, wie z. B. eine Abkehr von der strikten Vorgabe der Netzfrequenz von 50Hz, sondern die Aufweitung zu einem Frequenzbereich, in dem sich die Netzfrequenz bewegen kann. Weiterhin werden sogenannte netzbildende Umrichterregelungen entwickelt und an einem Prüfstand erprobt. Diese sind in der Lage, Momentanreserve bereitzustellen – eine Aufgabe, die bislang die Synchrongeneratoren großer thermischer Kraftwerke übernehmen. Im Bereich „Verteilnetz“ werden die Integration von Speichersystemen und die Sektorenkopplung, also die Kopplung zwischen Strom-, Gas- und Wärmenetz untersucht. Hierzu wird das Gebäude 30.36 zu einem „Smart Energy Office Building, SEOB“ umgebaut. Zur Ausrüstung des SEOB gehören ein Elektrolyseur, ein Wasserstoffspeicher, eine Brennstoffzelle, verschiedene stationäre Batteriespeicher, ein rückspeisefähiges Elektrofahrzeug und PV-Anlagen auf der Erzeugungs- und Speicherseite. Auf der Lastseite stehen neben der Werkstatt des IEH insbesondere die Labore und die Büros, von denen jeweils die konsumierte elektrische Leistung gemessen wird. Denkbar ist auch eine Steuerung von bestimmten Versuchen auf Basis des Energieangebotes. Letztlich geht es um die Frage, wie ein optimaler wirtschaftlicher Betrieb in einem typischen Bürogebäude mit Laboren erreicht werden kann. Damit soll auch der Ansatz, das KIT rein regenerativ zu versorgen, unterstützt werden.

Eine Zusammenstellung der wählbaren Modellfächer finden Sie in der Modellbroschüre. Die Wahlfächer können in Absprache mit dem Modellberater entsprechend Ihren Wünschen ergänzt werden.

 

Modellbroschüre

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